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Musikfestspiele Potsdam, recensioni


In Venedig angekommen

Eröffnung in der Friedenskirche mit entdecktem Oratorium von Venier und dem Gloria von Vivaldi
Von Klaus Büstrin

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Im Mittelpunkt des musikgeschichtlichen Interesses stand ein Oratorium von Girolamo Venier, das ohne Bezeichnung in der Biblioteca Marciana inVenedig jahrhundertelang in Einzelstimmen unentdeckt lag. Der Dirigent und Musikwissenschaftler Federico Maria Sardelli nahm sich des Manuskripts an und erarbeitete eine aufführungsreife Partitur. Sie wurde, so Sardelli in einem Gespräch, wohl noch nie aufgeführt. In Potsdam konnte man die Welturaufführung erleben. Das Oratorium des Liebhabermusikers und venezianischen Politikers Venier ist ein ernstes Werk, das für die Fastenzeit geschrieben wurde: Ein Engel ruft die Menschen zum Nachdenken und zur Umkehr auf. Der Bereuende hofft auf Gottes Gnade. Die Musik lotet im Text alle leid- und freudvollen Seiten aus. Theatralische Dramatik kommt dabei nicht zu kurz.

Federico Maria Sardelli hat sich mit seinem Ensemble Modo Antiquo und dem ausgesucht edel singenden Solistenensemble (Nicky Kennedy, Yeree Suh, beide Sopran, Sonia Prina, Alt, Paul Agnew, Tenor, und Antonio Abete, Bass) Veniers Oratorium mit großer Intensität angenommen. Keiner war in dieser Interpretation um den Effekt verlegen, vielgestaltig, differenziert wurde er präsentiert. Besonders die Altistin Sonia Prina begeisterte mit ihrer fast opernhaft-expressiven Vortragsweise. Wie sie die Töne ihrer warmen Stimme den Zuhörern zuweilen entgegen schleuderte, war enorm.

Antonio Vivaldi durfte in diesem Eröffnungskonzert nicht fehlen. Die rein instrumentalen Werke hatten an diesem Abend eher den Charakter von Intermezzi, wobei das tonschön gespielte Concerto d-Moll für zwei Oboen und Streicher besonders für sich einnahm. Zum Schluss erklang die festliche Lobpreisung Gottes „Gloria in excelsis Deo“, die Vivaldi fassettenreich vertonte. Das Lob in Sardellis Interpretation war nicht auf äußere Hektik angelegt,sondern eher in nachdenklicher Ruhe. Und so lässt er vor allem das ausgezeichnete Immortal-Bach-Ensemble, dessen Ursprünge vor sieben Jahren in Leipzig zu finden sind, viel Piano singen, das man selten so schön hörte. Die Gesangssolisten durften dagegen mit einem eher temperamentvollen Vortrag hervortreten. Solisten, Chor und das Kammerorchester erreichten unter Federico Maria Sardelli eine lebendige, vielgestaltige und anschaulich sprechende Wiedergabe, die Begeisterungsstürme hervorrief. Die Musikfestspiele 2008 waren bereits am ersten Abend in Venedig angekommen.

Maerkische Allgemeine
http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/11226556/63369/

MUSIKFESTSPIELE: Potsdam klingt venezianisch

POTSDAM - Vielleicht wurde dieses „Oratorio à 5“ 1733 nur für die Schublade komponiert. Wenn ja, dann sind die Musikfestspiele Potsdam-Sanssouci am Freitag mit einer Welturaufführung eröffnet worden. Wenn nicht, ist es immer noch eine Erstaufführung gewesen, nach 275 Jahren. Das Gesamtwerk Girolamo Veniers ist ein Schatz, der 2007 entdeckt, erst gehoben werden muss. Aber Federico Maria Sardelli und sein Ensemble Modo Antiquo haben in der Friedenskirche den Anfang gemacht. Einen, der das Interesse geweckt haben dürfte. Denn 25 Streicherkonzerte warten jetzt darauf, ebenfalls aus dem Archiv geholt zu werden. Freilich ist nicht zu befürchten, dass ihretwegen die Annalen der „Musica serenissima“ umgeschrieben werden müssten, aber reicher machen sie den Klang Venedigs schon.

Der Sound der Lagunenstadt hallt nun durch Potsdams Paläste und Parks, was Hartmut Dorgerloh als Generaldirektor der gastgebenden Schlösserstiftung und Italiens Botschafter Antonio Puri Purini zu pointierten, also erfreulich knappen Auslassungen über Geschichte und Gegenwart des venezianisch-märkischen Kulturtransfers animierte. Das Programm ausgedacht hat sich Festspiel-Prinzipalin Andrea Palent mit ihrer (inzwischen allerdings freiberuflich tätigen) Dramaturgin Christina Siegfried – und der Start verdeutlichte sofort, welche Qualität hier in den kommenden beiden Wochen erwartet werden kann.

Sardelli kombinierte Venier mit Vivaldi, den „nobile dilettante“ mit dem „prete rosso“, den adligen Amateur mit dem rothaarigen Priester, das Oratorium des Schülers mit dem Gloria D-Dur RV 588 des Lehrers. Gerade mal 25 war Venier, als er sein Stück ablieferte. Im Geiste Vivaldis, was die an- und abschwellenden Sechzehntelattacken angeht, aber durchaus auch von eigenem Geist, dem kontrapunktischer Witz und melodisch-galanter Wagemut zu bescheinigen sind. Statt romantisch Luft zu sortieren, tanzte Sardelli am Pult und seine Instrumentalisten spielten federnd, ruppig, milde – ba-rockig. Vokal hatte Nicki Kennedy ihre artikulatorisch besten Momente in den Rezitativen, Sonia Prinas Alt den (gestisch gelegentlich gewöhnungsbedürftigen) Blues, Antonio Abete die nötige Bassdröhnung, während Paul Agnew tenoral empfindsam hauchte. Für Vivaldis Gloria bekamen sie dann Verstärkung durch die Choristen des Immortal-Bach-Ensembles, die mit weitem Atem intonierten. Im „Ex in terra pax“ etwa, wo das motivisch bedeutendere Stimmmaterial vom Orchester harmonisch und rhythmisch „nur“ grundiert wird.

Der Tagesspiegel, 09.06.2008
http://archiv.pnn.de/archiv/09.06.2008/4081878.pnn

pubbl.: 09 - 06 - 2008
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